Weichmacher in Wasserflaschen: Mythos oder Wahrheit?
Weichmacher in Wasserflaschen beschäftigen neben einigen anderen bedenklichen Stoffen schon lange Wissenschaftler weltweit. In der allgemeinen Bevölkerung hat sich die Meinung verbreitet, dass Wasserflaschen gesundheitsschädliche Weichmacher, BPA und Hormone enthalten. Doch stimmt das wirklich? Wir sehen uns das Ganze etwas genauer an.
In diesem Ratgeber erfahren Sie, …
- … was Weichmacher sind,
- … wo sie vorkommen,
- … ob Weichmacher in Wasserflaschen enthalten sind,
- … welche anderen bedenklichen Stoffe in Plastikflaschen nachgewiesen wurden,
- … ob Mineralwasser in PET-Flaschen gesundheitsschädlich ist
- … und welche Wasserflaschen ohne Weichmacher für den täglichen Gebrauch am besten geeignet sind.
Was sind Weichmacher?
Weichmacher sind Stoffe, die dazu benötigt werden, harte und spröde Materialien weich, biegsam und dehnbar zu machen. Dabei sind Phthalate die häufigsten, jedoch zugleich die bedenklichsten Weichmacher. Daneben gibt es noch andere Stoffe wie etwa Citrate, epoxydiertes Sojabohnenöl oder Adipate.
Die fünf am häufigsten eingesetzten Weichmacher sind:
- DIDP (Diisodecylphthalat)
- DINP (Diisononylphthalat)
- DEHP (Diethylhexylphthalat)
- DBP (Dibutylphthalat)
- BBP (Benzylbutylphthalat)
Nicht alle diese Phthalate sind gleichermaßen bedenklich und gesundheitsschädlich 1. DEHP, DBP und BBP wurden von der EU als fortpflanzungsgefährdend sowie bei Kindern als entwicklungsschädigend eingestuft. Sie stören das hormonelle Gleichgewicht und können hormonell beeinflusste Erkrankungen begünstigen. Ihre Verwendung wird stark reguliert und ist zum Teil verboten. DIDP und DINP hingegen werden als weniger gesundheitsschädlich eingestuft.
Wo sind Weichmacher enthalten?
Weichmacher werden bei jenen Materialien eingesetzt, die ohne die Zugabe dieser Stoffe zu spröde wären. Dazu zählen zum Beispiel:
- Regenkleidung
- Schwimmreifen
- Fußbodenbeläge
- Einweghandschuhe aus Vinyl
- Kunstleder
- Verpackungsmaterial
- Nagellacke
- Klebstoffe
- Infusionsschläuche
- Magensonden
Die Kunststoffe Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET) kommen in der Regel ohne Weichmacher aus 2. Phthalate finden sich ebenso in der Verpackung von fetthaltigen Lebensmitteln wie Speiseöl, Pesto sowie Wurst- und Käsewaren. Das Problem: Weichmacher sind fettlöslich und können daher insbesondere bei fetthaltigen Lebensmitteln leicht von der Verpackung auf die Nahrung 3 übergehen.
Aus diesem Grund wird ein Großteil der Weichmacher unbewusst über die Nahrung aufgenommen. Dies ist bei Erwachsenen allerdings laut Umweltbundesamt nicht bedenklich, da es sich lediglich um kleine Mengen handelt 4. Gefährlich wird es allerdings bei Säuglingen und Kleinkindern. Da diese häufig alle möglichen Gegenstände in den Mund nehmen, ist die Belastung mit Phthalaten hier wesentlich höher.
Bedenkliche Stoffe in Plastikflaschen: Gehören Weichmacher dazu?
Entgegen weit verbreiteter Meinung lassen sich in Wasserflaschen in der Regel keine Weichmacher nachweisen! Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bestätigt sogar ausdrücklich, dass in PET-Flaschen keine Phthalate oder andere Weichmacher enthalten sind.
Allerdings gibt es eine Reihe anderer Stoffe, die bereits in Wasserflaschen nachgewiesen und als bedenklich eingestuft wurden. Dazu gehören:
Bisphenol A ( BPA)
Bisphenol A – kurz BPA – ist eine Substanz mit hormonähnlicher Wirkung, die bereits vor einigen Jahren als reproduktionstoxisch eingestuft und teilweise verboten wurde 5. BPA ist in diversen Kunststoff-Gegenständen wie zum Beispiel Trinkbecher, Trinkflaschen und Aufbewahrungsboxen aus Polycarbonat sowie in der Innenbeschichtung von Konservendosen enthalten. PET-Flaschen hingegen sind in der Regel BPA-frei.
Hormone
Eine Studie an der Universität Frankfurt aus 2009 untersuchte mögliche hormonelle Substanzen in Mineralwasserflaschen 6. Die Forscher fanden heraus, dass die Belastung mit östrogen aktiven Stoffen in Plastikflaschen doppelt so hoch war als jene in Glasflaschen. Allerdings konnte man den Ursprung für die Hormonbelastung nicht nachweisen und die Studie wurde stark kritisiert. Bis heute gibt es keine weiteren Forschungen, die diese Studie eindeutig bestätigen oder widerlegen.
Mikroplastik
Eine Untersuchung von Mikroplastik in Lebensmitteln konnte insbesondere in Mehrweg-PET-Flaschen Mikroplastik nachweisen 7. Man geht hier von einer Kontamination bei der Reinigung und Wiederbefüllung der Flaschen aus. Die möglichen Auswirkungen von Mikroplastik auf den menschlichen Organismus sind derzeit noch nicht ausreichend erforscht. Laut BfR ist jedoch derzeit nicht davon auszugehen, dass die in Lebensmitteln vorhandene Konzentration gesundheitsgefährdend ist 8.
Acetaldehyd
Acetaldehyd ist ein Stoff, den man bereits in kleinen Mengen riecht und schmeckt. Er verleiht Mineralwasser häufig den typisch süßlichen Geschmack, den Sie womöglich bereits kennen. Dieser entsteht durch suboptimale Herstellungsverfahren oder wenn die Flasche zu viel Wärme und Licht ausgesetzt ist. Der EU-Grenzwert für Acetaldehyd liegt bei 6 mg auf 1 kg Lebensmittel. Dieser Wert wird in Wasserflaschen deutlich unterschritten – hier ist also von keiner Gefahr auszugehen 9.
Antimon
Antimon steht in Verdacht, krebserregend zu sein und weist eine gewisse östrogene Wirksamkeit auf. PET-Flaschen enthalten diesen Stoff in geringen Konzentrationen. Diese Mengen liegen jedoch weit unter dem bedenklichen Wert – selbst bei lebenslangem Konsum von Mineralwasser 10.
Ist Mineralwasser in PET-Flaschen gesundheitsschädlich? 4 Mythen
Um PET-Flaschen und deren angeblich gesundheitsschädlichen Auswirkungen ranken sich zahlreiche Mythen. Wir klären auf:
Mythos 1: PET-Flaschen enthalten Weichmacher
Laut Bundesinstitut für Risikobewertung enthalten PET-Flaschen keine Phthalate 11. Dieser Irrglaube besteht aufgrund der ähnlichen Bezeichnungen Polyethylenterephthalat (PET) und den als Weichmacher bekannten Phthalaten. Diese beiden Stoffe haben allerdings nichts miteinander zu tun.
Mythos 2: PET-Flaschen enthalten hormonähnliche Substanzen wie BPA
PET-Flaschen an sich enthalten für gewöhnlich kein BPA. Das darin abgefüllte Mineralwasser kann unter Umständen jedoch BPA als Verunreinigung aufweisen. Das Vorhandensein anderer hormonähnlicher Substanzen konnte nicht ausreichend nachgewiesen werden. Die einzige Ausnahme ist Antimon, welches eine sehr geringe hormonelle Wirksamkeit aufweist.
Mythos 3: PET-Flaschen sind giftig
Die Aussage, PET-Flaschen seien giftig, stimmt so nicht. Es wurden zwar bereits einige bedenkliche Stoffe in PET-Flaschen nachgewiesen, allerdings in so geringen Konzentrationen, dass dies nicht als gesundheitsschädlich einzustufen ist. Zudem sind diese Verunreinigungen nicht ausschließlich auf das Verpackungsmaterial zurückzuführen, sondern können ebenso anderen Ursprungs sein.
Mythos 4: Glasflaschen sind umweltfreundlicher als PET-Flaschen
Das kann man so nicht sagen! Grundsätzlich kommt es hierbei nämlich nicht nur auf das Material an. Flaschenart, Transportwege sowie Einweg vs. Mehrweg stellen hier weitere wichtige Faktoren dar 12. Sogenannte Individualflaschen beispielsweise müssen teilweise sehr lange Transportwege zurücklegen und gelten daher als weniger umweltfreundlich – unabhängig davon, ob diese aus Glas oder Plastik bestehen. Ebenso sind Einweg-Glasflaschen meistens weniger umweltfreundlich als Mehrweg-PET-Flaschen.
Die Vor- und Nachteile von Mehrweg-Plastikflaschen und Mehrweg-Glasflaschen halten sich insgesamt relativ in der Waage. So haben Flaschen aus Glas den Vorteil, dass sie doppelt so oft wiederbefüllt werden können wie PET-Flaschen – nämlich insgesamt etwa 50 Mal. Mehrweg-PET-Flaschen sind dafür um einiges leichter, was sich wiederum beim Transport positiv auf die Ökobilanz auswirkt. Aber auch bei Einwegflaschen hat sich mittlerweile sehr viel in Richtung Nachhaltigkeit getan. Ob nun Flaschen aus Glas oder Plastik umweltfreundlicher sind, kommt also immer auf den Einzelfall an.
Wasserflaschen ohne Weichmacher: Diese Möglichkeiten gibt es
Die potenzielle Gefahr von Weichmachern stellt bei der Auswahl der geeigneten Wasserflasche eine eher untergeordnete Rolle dar, da Wasserflaschen für gewöhnlich ohne Weichmacher auskommen. Es gibt jedoch eine Reihe anderer Faktoren, die Sie vor dem Kauf der nächsten Trinkflasche in Betracht ziehen sollten – beispielsweise Nachhaltigkeit, andere eventuell schädliche Inhaltsstoffe und Hygienebedingungen. Hier ein kurzer Vergleich der gängigsten Materialien für wiederverwendbare Trinkflaschen:
Glas | Edelstahl | Aluminium |
---|---|---|
✅ schadstofffrei | ✅ relativ leicht | ✅ sehr leicht |
✅ geschmacksneutral | ✅ sehr stabil | ❌ Innenbeschichtung teilweise schädlich |
✅ leicht zu reinigen | ✅ geschmacksneutral | ❌ ökologisch bedenklich |
✅ spülmaschinenfest | ✅ spülmaschinenfest | ❌ nicht geschmacksneutral |
✅ umweltfreundlich | ✅ i.d.R schadstofffrei | ❌ anfällig für Dellen & Kratzer |
✅ kratzfest | ✅ optional mit Isolierung | |
❌ zerbrechlich | ❌ schwer | |
❌ schwer | ||
Weichmacher in Wasserflaschen: Nein, danke!
Laut aktuellem Forschungsstand müssen Sie sich um Weichmacher in Wasserflaschen derzeit keine Sorgen machen. Auch viele weitere Schadstoffe finden sich bisher eher seltener und kommen lediglich in niedrigen Konzentrationen vor. Und dennoch gilt: Am gesündesten ist immer noch unser Trinkwasser direkt aus der Leitung!
Zum Abschluss noch zwei wichtige Tipps bei der Verwendung von Kunststoffflaschen:
- Lassen Sie Plastikflaschen nicht in der Sonne oder allgemein in der Hitze liegen. Denn Wärme und UV-Strahlung sorgen dafür, dass sich eventuell bedenkliche Stoffe leichter aus dem Plastik lösen und in das Wasser übergehen.
- Verwenden Sie Plastikflaschen nicht mehrfach. Denn dadurch entstehen Risse, die ein ideales Milieu für Bakterien und Keime bilden.
FAQs
Welche Trinkflasche ist am gesündesten?
Als Allroundtalent schneiden Trinkflaschen aus Edelstahl am besten ab. Sie sind sehr stabil, geschmacksneutral und in der Regel schadstofffrei. Ebenso empfehlenswert sind Glasflaschen. Der größte Nachteil ist, dass diese relativ schwer sind und sich daher eher weniger an Beliebtheit erfreuen.
Warum sind PET-Flaschen ungesund?
PET-Flaschen sind per se nicht ungesund! Wasser aus PET-Flaschen enthält zwar teilweise bedenkliche Inhaltsstoffe, jedoch laut bisherigen Forschungen nicht in gesundheitsgefährdenden Konzentrationen.
Wie lange darf man aus einer Plastikflasche trinken?
Es ist nicht empfehlenswert, Plastikflaschen wiederzuverwenden. Denn durch mehrmalige Verwendung wird unter Umständen das Plastik angegriffen und es bilden sich kleine Risse. In diesen Rissen können sich wiederum Bakterien und Keime ideal ansiedeln, die anschließend mit dem Wasser in den Körper gelangen.
Ist “BPA frei” unbedenklich?
“BPA frei” bedeutet lediglich, dass in den gekennzeichneten Produkten kein Bisphenol A enthalten ist. Dies bedeutet nicht, dass nicht eventuelle andere Schadstoffe nachgewiesen werden können.
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Quellenangaben
- Umweltprobenbank des Bundes - Phthalate in Humanproben
- Verbraucherzentrale - Gefahren für die Gesundheit durch Plastik
- NDR - Gefährliche Weichmacher: Plastik im Alltag vermeiden
- Umweltbundesamt - Häufige Fragen zu Phthalaten bzw. Weichmachern
- Umweltbundesamt - Bisphenol A
- Martin Wagner & Jörg Oehlmann - Endocrine disruptors in bottled mineral water
- Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe - Untersuchung von Mikroplastik in Lebensmitteln und Kosmetika
- Bundesinstitut für Risikobewertung - Mikroplastik: Fakten, Forschung und offene Fragen
- Bundesinstitut für Risikobewertung - Gesundheitliche Bewertung von Acetaldehyd in alkoholischen Getränken
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit - Antimon
- Bundesinstitut für Risikobewertung - Fragen und Antworten zu PET-Flaschen
- Bayerischer Rundfunk - Einweg oder Mehrweg? Welche Flaschen sind umweltfreundlicher?